LESUNG aus dem Hebräerbrief (11,1-3.8-12)
EVANGELIUM NACH LUKAS (12,35-40)
Wenn heute das Wort „Kirche“ oder „Pfarrgemeinde“ fällt, dann wird fast automatisch gejammert: „Wir werden immer weniger“, „Wir erleben eine Kirchenkrise“. Das kann schon sein. Wichtig aber ist: Warum ist das so? Es gibt dafür viele verschiedene Ursachen. Unlängst noch habe ich gehört: „Die Kirche ist selbst Schuld daran. Jahrhunderte lang hat sie immer wieder gesagt, dass die Menschen sündig sind, hat ihnen Angst gemacht mit einem strafenden Gott und mit dem Feuer der Hölle gedroht.“ Das war eine Drohbotschaft. Keine Frohbotschaft. Die Menschen sind aber mündig geworden, können selbstständig denken, stellen die Existenz eines drohenden und strafenden Gottes in Frage: Deswegen: die Angst ist verschwunden. Aber deswegen auch der Glaube an vieles, was die Kirche immer behauptet hat. Die Kirche für viele Menschen auch keine Autorität mehr. Man braucht sie nicht mehr.
Das heutige Evangelium passt gut in unsere Situation: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde!“ Habt Vertrauen - und das heißt ja schließlich „glauben“. „Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben.“ Jesus macht uns also Hoffnung. „Hoffnung ist nicht Optimismus. Es heißt nicht sagen: „Es wird schon gut gehen“, sondern es ist die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, ohne Rücksicht darauf, wie es ausgeht.” (Vaclav Havel) Hoffnung befreit uns vom Erschrecken und von der Trauer über die Flüchtigkeit und Vergänglichkeit des gegenwärtigen Augenblicks. Ich verlasse mich darauf, dass Gott das letzte Wort hat und für uns eine gute Zukunft bereitet, auch wenn ich mir nicht konkret vorstellen kann, wie das dann sein wird. Ich vertraue ihn.
Deswegen heißt es im Hebräerbrief (in der heutigen ersten Lesung): „Als Gott ihm befahl, in ein Land zu ziehen, das ihm erst viel später gehören sollte, verließ Abraham ohne zu zögern seine Heimat. Dabei wusste er überhaupt nicht, wohin er kommen würde. Er verließ sich ganz auf Gott. Das gab ihm die Kraft, als Fremder in dem Land zu leben, das Gott ihm versprochen hatte.“ Glauben heißt, fest darauf vertrauen, dass sich erfüllt, was Gott (durch Jesus) versprochen hat.
Glauben ist also viel mehr als bestimmte Glaubenssätze Für-wahr-Halten. Allein die Tatsache, dass ich getauft bin, dass ich einer Religionsgemeinschaft angehöre, dass ich jeden Sonntag Gottesdienst feiere, reicht nicht aus. All dies muss von einem Glauben, einem Vertrauen, getragen sein, das tief in meinem Innersten, meiner Seele, meinem Ich steckt.
Die Gruppe derer, die damals Christen waren, also zu Jesus gehörten, Kirche bildeten - Lukas schreibt sein Evangelium zwischen 80 und 90 nach Christus - diese Gruppe war sehr klein, ohne Macht und Einfluss, angefochten, heftigst kritisiert. Lukas erinnert sie an Worte von Jesus, die Mut machen wollen. Sie sollen keine Angst haben, weil Gott „beschlossen hat, ihnen sein Reich zu geben“, d.h. mitten in ihrem Leben für sie da zu sein. Ihr könnt dem Leben trauen, weil Gott es mit euch lebt. Er ist da, wie er im brennenden Dornbusch zu Mose sagte: „Ich bin der Ich-bin-da“.
Immer mehr Menschen können anscheinend auch ohne Gott gut leben. Die Mehrheit unserer Gesellschaft lebt in der Praxis ohne Gott, sogar viele getaufte Christen tun das. Im Evangelium wird erzählt, dass eines Tages viele Jesus verließen. Daraufhin fragte Jesus seine Freunde: „Wollt auch ihr gehen?“
„Fürchte dich nicht, du kleine Herde!“ Ein Aufruf gegen Resignation, gegen Müdigkeit und Zweifel. Verliert nicht die Hoffnung. Lasst euren Glauben nicht einschlummern! Bleibt munter! Bleibt wachsam! Pflege deine Beziehung zu Gott und zu Jesus, lass sie nicht abflauen.
So lange wir das tun, brauchen wir uns nicht zu fürchten. Wir dürfen als Christen das nötige Selbstvertrauen haben. Wie hat der Apostel Paulus es gesagt: „Glauben ist Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht.“ Ich vertraue Gott.